Themenfelder der Leitungskunst

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Copyright Christian Rommert

Führen bedeutet, sich in Spannungsfeldern bewegen. Wer führt, macht die Erfahrung, dass unterschiedliche Interessen aufeinander prallen und untereinander ausgeglichen werden müssen. Von den unterschiedlichsten Seiten baut sich Druck auf. Es heißt: zu kämpfen und zu lieben, den Blick für das zu behalten, was lebendig macht und einen selber inspiriert. Wer Menschen führt, muss auch immer sich selber führen können. Und auch der begabteste Leiter muss seinen ganz banalen Alltag organisiert bekommen und immer wieder Freiräume verteidigen. Puh, das Alles ist eine große Aufgabe: Kämpfen und Lieben, den Alltag gestalten, immer wieder zu inspirieren, andere zu leiten und sich selber zu führen. Wer diese Dinge beherrscht, der beherrscht die Leitungskunst.

1.Lieben und für etwas kämpfen

Nando Parrado überlebte 1972 einen Flugzeugabsturz in den Anden. In seinem Buch 72 Tage in der Hölle nennt er die treibende Kraft seines Überlebenskampfes. Er sagt, es war die Liebe zu seinem Vater. Obwohl er von den Überlebenden der am schwersten Verletzte ist, wächst er in den Monaten der Isolation über sich heraus und rettet schließlich durch seinen Einsatz das Leben der anderen Gruppenmitglieder. In meinem Alltag geht es eher selten um Leben oder Tod. Dennoch merke ich: Liebe ist die stärkste Motivation für mein Tun. Zeit spielt immer dann keine Rolle mehr, wenn bei mir Hingabe und Leidenschaft im Spiel sind. Ich erinnere mich, mit wie wenig Schlaf ich ausgekommen bin, als ich das erste Mal verliebt war. Bei meiner Arbeit soll es mir um Ideen gehen, die ich wirklich liebe, für die ich bereit bin, mich einzusetzen. Für die ich bereit bin zu kämpfen! Ich bin überzeugt, nur solche Projekte begeistern unsere Kunden – in unserem Fall die Mitglieder unserer Kirche: Projekte, die auf Ideen basieren, in denen wirklich Liebe steckt. Zum Weiterdenken dieses Gedankens empfehle ich einen Text von Heinz Pangels.

2. Alltag gestalten

Große Vision sind wertlos, wenn sie im Chaos des Alltags verloren gehen. Die Organisation des Büro, das eigene Zeitmanagement, das Gestalten von Abläufen und Prozessen sind wertvolle Vorraussetzungen für wirksame Leitung. Dabei helfen mir Rituale und ein paar sich wiederholende Regeln. Ich bin überzeugt, ich brauche Rhythmus, um meinen Alltag zu rocken. Das heißt, ich brauche: wiederkehrende Abläufe, Inseln im Chaos, eingespielte Prozesse, die mir langes und mühsames Suchen, hektisches Bis-in-die-Nacht-Arbeiten ersparen. Absoulte Helden des Rhythmus sind für mich klösterliche Gemeinschaften. Das, was sie als ora-et-labora (bete/meditiere und arbeite) etabliert haben, inspiriert mich in vielen Bereichen meines Arbeitsalltages.

3. Leben wecken und inspirieren

Menschen lassen sich am wirksamsten durch inspirierende Visionen motivieren, nicht durch Kontrolle, Druck, Angst. Darum ist es wichtig, realistische, inspirierende und weitreichende Visionen zu entwickeln und sie mit vorhandenen Ideen zu synchronisieren. Das, was ich träume, trifft ja nicht auf einen luftleeren Raum, sondern muss integrieren können, was da ist und gleichzeitig so anders sein, dass es ansteckt und begeistert. Die Kunst, Menschen zu begeistern, in ihnen eine Sehnsucht zu wecken, ist für mich entscheidend für wirksame Leitung. Es geht darum, etwas Wertvolles, Einzigartiges, Heiliges entstehen zu lassen, für das es sich zu leben und zu arbeiten lohnt. Eine Vision hilft, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Das ist in einer Welt, in der sich Vorraussetzungen permanent verändern, lebenswichtig. Denn es gilt die bekannte Regel: wer kein Ziel hat, für den ist jeder Weg verkehrt.

4. Menschen führen und sich selber führen

Die Begriffe “Leitung” oder “Führung” verweisen auf den gemeinsamen Weg. Als Leiter, gehe ich denselben Weg wie meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Leiter geht voran, wenn es Orientierung braucht. Der Leiter lässt sich zurückfallen, wenn jemand nicht mitkommt. Ziel des Leitens und Führens ist es, gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Wenn jeder für sich kämpft, wird dies schwierig. Dennoch gibt es immer wieder unterschiedliche Interesse. Der Eine möchte rechts, die andere möchte links und jemand möchte lieber Picknick machen. Beim Leiten geht es darum, die unterschiedlichen Interessen verstehen und dann so zueinander bringen zu wollen, dass es für alle lebbar und für das Unternehmen fruchtbar wird.
Die Art und Weise, wie ich mit Mitarbeitenden, mit Kolleginnen und Kollegen umgehe, wird gerade auch dadurch bestimmt, wie ich mit mir selber umgehe. Darum scheint mir die Beschäftigung des Leiters oder der Leiterin mit sich selber eine wichtige Vorraussetzung für gelungene Leitung zu sein. Wir führen am meisten durch unsere Persönlichkeit. Selbstentwickelung, die Arbeit an sich und seinem Charakter sind wichtige Vorraussetzungen für wirksame Leitung.

Ich sehe es als eine Kunst, Menschen zu leiten und zu führen. Sie will immer wieder trainiert, reflektiert, durchgespielt, erlernt sein. Ob es jemals in einem der Bereiche zur Meisterschaft reichen wird? Wahrscheinlich nicht! Aber ich will lernen, beobachten, mich mit anderen Leitern freuen, wenn Ihnen die Kunst der Leitung gelungen ist. Vielleicht werde ich so selber auf meinem Weg tagtäglich ein wenig besser…

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