Die ersten Wochen in einem neuen Land

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Ein Gastbeitrag von Philipp Nellessen.

Die ersten Wochen sind immer die Anstrengendsten

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Ins Ausland zu gehen und neue, fremde Mitarbeiter zu führen, ist immer eine Herausforderung. Insbesondere die ersten Wochen in einem neuen Land sind anstrengend. Eigene Gewohnheiten werden hinterfragt. Für einige einige Wochen/Monate muss mit einer deutlich höheren Aufmerksamkeit gearbeitet werden. Im Umgang mit Mitmenschen ist nichts „normal“ und “wie zuhause”. Gewohnte Mechanismen funktionieren auf einmal nicht mehr und obwohl ich dasselbe tue, erziele ich im neuen Umfeld nicht die gewünschten Ergebnisse.

Doch all das hat auch eine aufregende Seite: trotz aller globaler Vernetzung, interkontinentalem Massentransport und identisch aussehenden Innenstädten: die Art und Weise, wie Menschen zusammenarbeiten wurde, bisher noch nicht standardisiert. Zum Glück! In Summe habe ich mehr als die Hälfte meiner ca. 12 Jahre im Arbeitsleben außerhalb Deutschlands verbracht. Noch immer kann ich mich daran freuen, diese Unterschiede wahrzunehmen. Selbst in großen internationalen Konzernen unterscheiden sich trotz „Corporate Identity“ und einheitlichen „work flows“ die Regeln der Zusammenarbeit oftmals noch grundsätzlich von Land zu Land.

Für mich sind drei Sachen wichtig, um gut anzukommen:

  • Erstens lass Dich mental darauf ein und akzeptiere, dass in der Fremde einige Dinge anders laufen als zu Hause. Das Neue kann sowohl gut als auch schlecht sein, doch zunächst solltest Du es einfach wertfrei zur Kenntnis nehmen. Sätze wie: „Bei uns machen wir das aber so!“, solltest Du nicht nur nicht aussprechen, sondern auch für die ersten zwei Monate aus Deinem Denken verbannen.
  • Versuche zweitens zu verstehen, warum einige Sachen anders gemacht werden. Für viele Sachen gibt gute Gründe. Diese lassen sich nur entdecken, wenn Du Dich näher damit beschäftigst und die Andersartigkeit nicht von vornerein ablehnst.
  • Drittens – und wahrscheinlich am wichtigsten – solltest Du Dir möglichst schnell eine lokale Vertrauensperson suchen mit der Du anfängliche Überraschungen besprechen kannst. Suche Dir jemand Älteres, der eine Mentorfunktion übernehmen kann. Am besten solltest Du Dich nicht an andere „Expats“ halten, sondern nach jemanden sucht, der in Deinem Einsatzland aufgewachsen ist. Ist eine Person gefunden, sei Dir nicht zu schade unerwartete Mitarbeiterreaktionen oder auch nur Beobachtungen mit dieser Person durchzusprechen. Gerade am Anfang kannst Du Dir dabei entwaffnende Offenheit erlauben und frei zugeben, dass Dich manche Reaktion überrascht hat und man jetzt gerne besser verstehen möchte wie es dazu gekommen ist. In keinem Unternehmen, in dem ich bisher gearbeitet habe, ist das schlecht angekommen – ganz im Gegenteil: trotz des erforderlichen Zeitaufwandes schätzen viele Leute, wenn sie aktiv um Rat gefragt werden und es bildet sich rasch ein Vertrauensverhältnis. Diese Erfahrung gilt egal in welchem Land und egal wie rau der Wind in den Führungsetagen oft auch ist…

Prüfet Alles und das Gute behaltet

Sobald ich mich eingearbeitet und eingelebt habe – das sollte nach ca. drei Monaten vollzogen sein – halte ich es mit den Worten Paulus „prüfet aber alles, und das Gute behaltet“. Genau darin sehe ich die Bereicherung der Auslandaufenthalte: es erweitert den Horizont, man lernt neue Kulturen und eben auch neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des Führungsstiles kennen und erweitert so das Repertoire der einem persönlich zur Verfügung stehenden Stile. Außerdem lerne ich auch die Vorteile der eigenen Kultur wieder zu schätzen.

Am 02. Dezember erscheint “Der Mix macht’s!” des Beitrages mit Informationen über die Unterschiede im Leitungsstil in Afrika, Asien, Australien oder Europa.